Georgien erleben — Begegnungen, Gespräche, Freundschaften
Vor unserem Urlaub in Georgien war ich wirklich sehr skeptisch. Es gab nicht einen positiven Kommentar aus meinem Umfeld was die Wahl unseres Urlaubszieles betraf. Durch unsere Urlaube in Albanien (da fliegen wir dieses Jahr bereits zum dritten Mal hin), in Rumänien, Nordzypern und Mazedonien bin ich mittlerweile von einer Art Abenteuerlust gepackt und trotz Allem von Vorfreude erfüllt. Um es kurz zu sagen, meine Erwartungen, die man ja nun mal hat, wurden um ein Vielfaches übertroffen.
Man sagt ja der erste Eindruck zählt — und so war die Übergabe unseres Jeeps am Flughafen total easy. Und unsere erste Unterkunft, zufällig gewählt auf der langen Strecke zwischen Kutaissi und Mestia im Kaukasus, sollte der Beginn einer kleinen, georgisch-deutschen Freundschaft sein. Wir fühlten uns von der ersten Umarmung an wie im Kreise der Familie.
Die Herzlichkeit unserer Gastgeber im „Matua Guesthouse” ist einfach unübertroffen — das erste Abendessen in Georgien ist eine Köstlichkeit, aus frischen, regionalen Zutaten und einfach oberlecker. Der Wein vom eigenen Weinberg, im spontan geschenkten Weinhorn, verschönert den Abend auf seine Art. Tradition in Georgien: man muss viel Wein trinken, da man das Horn ja nirgendwo abstellen kann. Mir war angst und bange des schweren Kopfes wegen am nächsten Morgen – aber völlig unbegründet wie sich rausstellen sollte.
Immer wieder Balsam für meine Seele ist für mich in diesen Ländern der Umgang mit dem Nutzvieh. Den Tieren wird ein artgerechtes Leben in natürlicher Umgebung gegönnt. Ob es die Pute mit ihren 11 Jungen ist, das Kälbchen mit Mama auf der Wiese, freie Pferde mit ihren Fohlen, Schweine ohne Umzäunung, die sich auf Wiesen oder in Schlammkuhlen wälzen, unendlich große Herden mit Schafen und ihren Lämmern. Man sieht solche Bilder in ganz Georgien (in Albanien, Rumänien, Griechenland und auf Zypern übrigens auch) und es ist für mich eine reine Augenweide. Soviel Fotos kann man gar nicht machen! Einer der vielen Gründe warum wir süchtig nach solch ursprünglichen Destinations sind ist auch die Natur und die frei lebende Tierwelt.
Georgien ein Tierparadies
Die Entfernungen die wir in Georgien täglich zurückgelegt haben hören sich nicht gewaltig an – dennoch — zwischen 5 und 7 Stunden im Auto sind dabei keine Seltenheit, was aber mehr dem Zustand der Straßen geschuldet ist. Langeweile oder vertane Zeit ist es aber nicht. Es gibt‘s ja dieses Sprichwort: “Der Weg ist das Ziel ” — man muss es einfach lieben. Ständig wechselnde, wunderschöne Landschaften, unberührte Natur soweit das Auge reicht, Flüsse unterschiedlicher Farben, Antike Stätten, Kirchen mit atemberaubenden Fresken aus längst vergangenen Zeiten, Menschen so herzlich und offen …..
Es ist einfach zauberhaft … man fühlt sich frei, sowohl physisch als auch psychisch. Alle Probleme der Welt weit entfernt und man staunt unentwegt (auch über sich selbst) wie wenig man braucht um glücklich zu sein. Für mich ein magischer Moment — gemeinsam mit einem Schwein auf einer grünen Wiese zu suhlen … im leisen Zwiegespräch. Nein verrückt bin ich nicht!
Die unvergessenen Eindrücke, die tollen Erlebnisse und die Erinnerungen verdanken wir natürlich den Menschen in allen Landstrichen und Orten dieses wunderbaren Landes. Z.B. Dusja und Abel – die einzigartig herzlichen und gastfreundlichen Weinbauern aus einem kleinen Dorf bei Jvari, deren Gäste wir gleich an unserem ersten Abend in Georgien waren -– sind der Grund dafür, dass ich mich gleich am ersten Abend in Georgien verliebte.
Georgiens Küche — die Haute Cuisine des Sowjetreichs
Als kulinarische Erinnerung bleibt MAZONI (georgischer Joghurt mit Minze und Zitrone) dazu gegrilltes Hühnchen und LAVASH, das traditionelle Fladenbrot … Sensationell. Die georgische Küche galt und gilt übrigens im ganzen Sowjetreich als exquisite Cuisine. Wir haben über 2 Wochen lang jeden Tag andere Speisen bestellt oder serviert bekommen – und alle … wirklich ALLE!!!!! waren lecker bis oberlecker – auch wenn wir über manch einen Geschmack erst staunten.
Auf dem endlos erscheinenden Weg zwischen Mestia und Ushguli entdecken wir am Rand einer 10 Häuser-Siedlung namens Vishnashi “KALA Brunch”. Idyllisch am Enguri Fluss gelegen, mit Blick auf die Berge unsere zweite Begegnung der besonderen Art. Kea, die Besitzerin, freut sich sehr uns als Gäste begrüßen zu dürfen. Sie kocht in ihrer kleinen Küche, für uns in wenigen Minuten frisch, ein orgastisches KUBDARI mit Hühnchen-Curry, dazu ein kühles Bier.… wahrhaft paradiesisch! Das schönste aber sind die Gespräche. Endlich Westeuropäer mit denen man russisch schwatzen kann. Beim Abschied gab es eine herzliche Umarmung!
In Ushguli lernten wir BORJA kennen. Er hat in seinem Wohnhaus ein kleines Museum eingerichtet mit Erinnerungen aus längst vergangener Zeit. Er erzählt uns vom einfachen Leben der Bewohner im höchsten noch bewohnten Bergdorf Europas, von seinen Eltern und dem Umgang mit Schnee und Kälte.
Immerhin kommen jetzt auch Fremde in sein Dorf das hilft den Einheimischen, zumindest in den warmen Monaten. Bis vor einigen Jahren war Ushguli im Winter von der Welt abgeschnitten. Spontan spielt BORJA für uns auf dem Banduri und singt dazu in seiner Muttersprache.….wir tanzen und unsere Herzen hüpfen voller Begeisterung.
Die Seilbahnen von Tschiatura sind, von einer WDR-Reportage, berühmt unter dem ” Stalins stählerne Särge”. Die Seilbahn-Schaffnerinnen sind echte Originale — adrett gekleidet, sehr ordentlich und dienstbeflissen, voller Freundlichkeit und strahlen in den fast 70 Jahre alten, schwebenden Blechkabinen eine eigene Kompetenz aus. Neben dem Uralt-Telefon für Notfälle (die es trotz des Alters kaum gibt) haben sie in “ihrer” Kabine eine kleine private Ecke mit Deckchen, darauf einem Sträußchen frischer Blumen und einem Foto mit Familie .… ein einzigartig kuschliger Arbeitsplatz!
Das nächste Acha-Erlebnis erwartet uns im ” Oasis Club” in Udabno, nahe der Aserbaidschanischen Grenze. Darüber wird der Rabe noch ausführlich berichten. Da müsst ihr auf alle Fälle hin! Der Chacha-Citronella (selbstgebrannter Zitronen Obstler) ist auch zum Frühstück schon oberlecker!
In Stepansminda, am Rande Osetiens, krempeln wir eine ganze international besetzte Gaststätte um. Im “Shorena’s” animieren wir, übrigens anfänglich völlig ohne Cha-Cha, gemeinsam mit Eddi und Claudia aus Nürnberg, einen Tisch voller Polen, zwei Australier und etliche andere Nationalitäten spontan zum Feiern und Tanzen. Der Chef der Bar, wie ich im QUEEN Shirt, legt der Reihe nach Musik von ABBA, QUEEN und AC/DC usw. auf. Wir tanzen wie die bekloppten und der Chacha wird nach einer Weile aus dem Kanister getrunken … als gäbe es kein Morgen .….. We will Rock You! Ein unvergesslicher Abend.
Die zwei jungen Besitzer des kleinen Hotels “Sea Line” an der Schwarzmeerküste schließen uns ebenfalls gleich in ihr Herz. Das Hotel hat gerade erst wieder zur Saison geöffnet. Es gibt eigentlich noch so gut wie nichts im Haus. Für unser Abendessen wird eine Köchin aus dem nahen Shekretilli herbeigerufen. Wasser und Bier gibt es ebenfalls nicht — dafür Wein so viel man will.
Die Jungs erzählen uns wie ihre Familien gemeinsam mit den Eltern das Geschäft aufgebaut haben, zeigen uns Fotos vor- und nachher, und Videos von Delfinen die vorm Strand im Wasser spielen. Sie sind auch neugierig wie es uns in Deutschland so geht.
Diese und noch viele weitere kurze und lange Begegnungen und teils tiefgreifende Gespräche ob mit einem Astro-Physiker in Abastumani, mit einem Seilbahnführer in Bordjomi, mit einem ehemaligen Sowjetsoldaten der vor 55 Jahren in der DDR diente, einer Bäuerin oder ganz jungen Schulabgängern im Westen des Landes – haben unser Herz ganz weit für diesen Landstrich geöffnet. Abchasien, Armenien, Aserbaidschan, Kasachstan, Usbekistan unvm.
Begegnungen, Gespräche und Freundschaften … in Georgien
Ich hoffe sehr Ihr habt Spaß beim Lesen und ihr seid richtig neugierig auf dieses Land -:)))