Endlich geht es los … unser Rumänien Abenteuer. Eigentlich sollte es eine Siebenbürgen Rundfahrt werden aber … wir passen unsere Route unseren Wünschen spontan bereits am ersten Tag an und beginnen im Norden der Kleinen Walachei. Der kleiner Ort Horezu im Căpățâna-Gebirge ist unser heutiges Ziel. An der Südflanke des Karpatenvorlandes gelegen wird es morgen der Ausgangspunkt unserer Karpatenüberquerung sein. Aber nicht nur die „strategische“ Lage hat unser Interesse für Horezu geweckt. Aber der Reihe nach.
Die 200 Kilometer Fahrt vergehen wie im Fluge. Der Rabe freundet sich mit dem Dacia und dem rumänischen Verkehr an. Wer zu Rushhour in Tirana Spaß am Fahren hatte kommt überall in der Welt klar;)))) Erste Eindrücke beginnen ein Bild von unserem Gastland in uns zu zeichnen. Erste Pipipause, erster ABC Laden — so heißen hier minikleine Tante-Emma Lädchen in den es eigentlich alles gibt nur eben nicht in zehnfacher Vielfalt. Etwas Obst und ein Schnitzelbrötchen, da wir nicht wissen wann wir ein richtiges Essen heute bekommen. Ein Grill am Straßenrand mit Schaf oder Ziege darauf (notfalls ein Huhn:) wäre dem Raben lieber gewesen aber was solls. Das super leckere rumänische Essen von dem wir in einigen Reiseblogs gelesen haben wird bestimmt noch kommen.
Wir rollen gemächlich weiter. Die Fernstraße ist bestens ausgebaut. Erst als wir von der DC67 in Richtung Romanii de Jos abbiegen wird’s etwas holpriger. Romanii de Jos ist ein kleines Dorf, heute von Horezu eingemeindet. Eigentlich ist es aber der Gründungsort von Horezu. Hier befindet sich auch das Kloster Horezu — gar nicht weit von unserer kleinen Pension (Pensiunea) Filoxenia. Im Örtchen leben etwa 700 Seelen und zwar mehr oder weniger entlang einer einzigen, zugegeben sehr langen, Dorfstraße.
Wir werden überfreundlich begrüßt, das Zimmer ist zuckersüß, ein Garten zum Wohlfühlen mit einem schnuckeligen Pavillon. Wir beschließen den Dacia heute nicht mehr zu bewegen. Wir schnaufen kurz durch, machen uns frisch und ab geht’s Richtung Kloster. Auch wenn unsere Gastgeberin kaum englisch spricht — dass es im Kloster eine Schwester Mica gibt, die deutsch spricht — versucht sie uns mit Händen und Füßen zu sagen.
Wir haben vor der Reise viel über die Rumänen gelesen, und es sollte sich von Anfang bis Ende bewahrheiten — ist es ein sehr offenes, hilfsbereites und gastfreundliches Volk. Eins mehr auf unserer “Hitliste” (Schade nur, dass unser eigenes auf Dergleichen immer tiefer abrutscht). Im schönsten Sonnenschein pilgern wir nun zum Gotteshügel.
Das Mănăstirea Hurezi wurde 1692 vom damaligen Fürsten der Walachei Constantin Brâncoveanu (1654–1714) gegründet und 1709 fertig errichtet. Der Allmächtige offenbarte sich dem Herrscher einst im Traum. Der frommen Legende nach zeigte Er persönlich ihm die Stelle, an der die Gottesburg errichtet werden sollte. Fürst Constantin Brâncoveanu, Ende des siebzehnten Jahrhunderts unbestrittener Herr über die Walachei, schritt unverzüglich zur Tat und befahl den Bau eines mächtigen Klosters mit fünf Einzelkirchen. Nach siebenjähriger Arbeit konnte Horezu, dessen Gotteshäuser auf dem Grundriss eines griechischen Kreuzes stehen, geweiht werden. Über der aus Birnenholz geschnitzten Eingangstür ließ der fromme Fürst, der das Kloster später zeitweilig als Residenz nutzte, sein Gott gegebenes Versprechen in Stein meißeln: “Ich werde keinen Fuß in mein Haus setzen, ich werde mich nicht auf meiner Ruhestätte ausstrecken und mir vom Schlaf die Augen schließen lassen, bis ich jenen Ort gefunden habe, an dem ich meinem Gott ein Haus erbauen werde.”
Es ist unumstritten das schönste Kloster im Süden Rumäniens. Bis 1862 war es ein Männerkloster. Nachdem die Mönche nach Bistrița versetzt wurden, kamen Nonnen in das Kloster. 48 Nonnen bewirtschaften die Anlage wo sich auch ein 50 Betten ländliches Krankenhaus befindet. Die Rufe der nachtaktiven Raubvögel (rumänisch huhurezi), die sich in den umliegenden Wäldern des Klosters aufhielten, gaben vermutlich dem Ort seinen Namen. Und jetzt kommts: gemeint ist der Bartkauz (Strix nebulosa) der zur Familie der eigentlichen EULEN gehört. Ist es nun ein Zufall, dass wir von den vielen wunderschönen Klöstern Rumäniens ausgerechnet das Eulenkloster besuchen? 🙂
Über ein Torportal gelangt man auf das weitläufige Gelände des Klosters. Außerhalb des eigentlichen Innenhofs mit Hauptkirche und den Wohn- und Wirtschafträumen der Nonnen — befinden sich weitere Gebäude. Früher sicher Stallungen und Werkstätten — heute eine Herberge.
Durch ein gewaltiges Holztor betreten wir das Heiligtum und sind vom ersten Anblick überwältigt. Byzantinischer Prunk und die klare Linienführung norditalienischer Renaissance verbunden mit barocken Elementen bilden ein außergewöhnliches Ensemble. Und dann die Fresken. Zwischen 1705–1706 von Malern und Handwerker aus der Schule Brancovan meisterlich gezeichnet. Jeder Quadratzentimeter der Kirche ist wunderschön verziert. Ebenfalls die Arkadenvorhalle — die mit ihrem Wand- und Deckenschmuck (unter anderem mit der Darstellung des Jüngsten Gerichts) — haben den Raben für mehrere Minuten sprachlos gemacht. Die Anlage steht nicht umsonst seit 1993 auf der UNESCO Liste des Weltkulturerbe.

Die Eulenkönigin stillt ihre Neugier und führt den Raben durch den einen oder anderen Raum. Die Türen stehen halb angelehnt, die Nonnen haben scheinbar nichts dagegen. Küche, Toiletten, Duschen und ein zwei Flure zu den Wohnräumen wirken penibel aufgeräumt und liebevoll gestaltet. In der Mitte des Westteils findet sich ein weitere mit Fresken verzierter Raum — der Speiseraum. Ein Heil für die Augen, Balsam für den Betrachter … wir sind verzaubert.
Rabens aufmerksames Auge findet auch an den Hausmauern, in Nischen und an Holzelementen Reste von farbintensiven Malereien. Es scheint als wäre das komplette Kloster innen voll mit Fresken geschmückt gewesen. Es muss traumhaft ausgesehen haben. Selbst heute noch kann man sich nicht satt sehen.
Wir bestaunen alles in Ruhe, lang und ausgiebig. Leider treffen wir Schwester Mica nicht. Nur wenige Nonnen huschen still über das Gelände. Eine beobachtet uns — aber irgendwie friedvoll, neugierig. Als wir das Kloster fast verlassen wollen spricht Sie uns an. “Sie kommen doch aus Deutschland” fragt sie. “Sie müssen unbedingt Schwester Mica kennenlernen”. Wir trauen uns kaum zu widersprechen und folgen der Nonne. Sie Führt uns aus der Anlage heraus. Östlich des Klosters befindet sich noch die Kleinkirche Adormirea Maicii Domnului, 1699 von Frau Maria – der Gattin des Fürsten Brâncoveanu – gestiftet, auch Bolnița genannt, diese ist von einer kleinen Ringmauer umgeben.
Wir sollen hin, sagt die Nonne. Wir genießen den kurzen Weg unter Bäumen. Am Tor zur der kleinen Kirche treffen wir plötzlich drei Nonnen. Zwei scheinen die dritte halb anzubeten. Es hat etwas marienhaftes. Die angebetete spricht uns ohne Umschweife in einem niedlich klingendem Dialekt an. Man stelle sich Schwäbisch im Mittelalter vor, nur niedlicher. Es ist Schwester Mica — viel Zeit hat sie nicht, aber ein paar Worte können wir mit ihr wechseln. Sie empfiehlt uns die kleine Kapelle und den Friedhof andächtig zu besuchen. Wir bedanken uns und verweilen ungeplant fast eine Stunde in diesem so wunderbar stillem und in die Natur eingebetteten Ort. Hier sind auch die Ruinen der ehemaligen Krankenstation zu sehen aber vielmehr genießen wir den Ausblick in das weite Tal und auf die weitläufige Klosteranlage.

Gleich am ersten Tag solch glückselige Momente. Wir sind wieder mal Glückskinder. So beseelt trotten wir wieder zurück ins Dorf und beschließen das herrliche Wetter weiter zu nutzen. Im einzigen Minimarket des Minidörfchens erfreuen wir die junge Besitzerin mit einem Hände- und Füße-Einkauf. Immerhin verstehen wir ihre Empfehlungen für eine typische Rumänische Brotzeit am Abend. Dünne, rohe Würstchen, Schafskäse und jede Menge Gemüse sacken wir ein — es wird ein Festschmaus. In der Filoxenia angekommen machen wir, ebenfalls mit den Gliedmaßen, der Besitzerin klar — was uns noch zur Glückseligkeit fehlt — und zwar Teller und Gabel. Das “Gespräch” verläuft so lustig — dass wir mit eine Flasche Palinka beschenkt werden.

Kaum zwölf Stunden im fremden Land, in einem der ärmsten auf diesem Kontinent, ohne Sprachkenntnisse und wir werden aufs freundlichste aufgenommen und beschenkt. Es fühlt sich so gut an, so vertraut, für uns beide fast normal — aber nicht weil wir es aus Deutschland kennen. Eher von den Wurzeln unserer Schlesischen Ahnen. Ein bisschen aus der DDR. Schade, dass man heute weit reisen muss um sowas zu erfahren. Was ist nur aus den Menschen zu Hause geworden.
Wir freuen uns auf das vor uns liegende Abenteuer.
Die in der Galerie gezeigten über 20 Fotos sind echt sehenswert.